Verspätete Umsatz- oder Lohnsteueranmeldungen können zu Strafverfahren führen

Steuerstrafrecht

Im Bundessteuerblatt (BStBl I 2011, 1000) ist eine Neufassung der Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren (2012) veröffentlicht worden. Insbesondere müssen die Finanzämter ab sofort gem. Nr. 132 Abs. 1 AStBV (St) den für die Durchführung von Steuerstrafverfahren zuständigen Bußgeld- und Strafsachenstellen verspätet abgegebene Umsatzsteuer- und Lohnsteueranmeldungen zuleiten.

Dies war in der bisherigen AStBV (St) nicht vorgesehen. Es wird wohl in der Praxis nur in solchen Fällen zu Strafverfahren kommen, in denen die verspäteten Voranmeldungen erhebliche Steuersummen betragen und die betreffende Unternehmung regelmäßig die Steueranmeldungen verspätet vornimmt.

Der Fristendruck auf Unternehmen und Steuerberatungsbüros wird dadurch zunehmen. Denn neben den üblichen Verspätungszuschlägen droht nun in Wiederholungsfällen zusätzlich die Einleitung eines Strafverfahrens.

Strafrechtlich geht es hier um die Thematik der Steuerhinterziehung auf Zeit, bei der im Gegensatz zur Steuerhinterziehung auf Dauer kein endgültiger Steuerausfall entsteht oder gewollt ist, sondern lediglich ein Zinsschaden auf Seiten der Verwaltung.

Die Änderung der AStBV (St) soll wohl eher erzieherisch auf säumige Unternehmen und Steuerberater einwirken. Die Strafsachenstellen werden wohl nur in Fällen regelmäßiger und erheblicher Verspätungen Strafverfahren einleiten.

Die Finanzverwaltung erschließt sich dadurch eine lukrative zusätzliche Einnahmequelle. Die Verspätung der Anmeldung und die Höhe der Anmeldungssteuern läßt sich sehr leicht nachweisen. Der angebliche Hinterzieher liefert den Strafsachenstellen die beweiserheblichen Daten durch seine digital protokollierte Steueranmeldung selbst. Die Strafsachenstelle wird ihm entweder eine Einstellung des Strafverfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage (§ 153a Strafprozessordnung) „anbieten“ oder (alternativ) das Strafverfahren in das ebenfalls einnahmenträchtige Ordnungswidrigkeitenverfahren (Bußgeldverfahren) überleiten.

Die nicht rechtzeitige Umsatzsteueranmeldung kann gem. § 378 AO mit einer Geldbuße bis 50.000 €, die nicht rechtzeitige Lohnsteueranmeldung gem. § 380 AO mit einer Geldbuße bis 25.000 € geahndet werden. Die nicht rechtzeitige Zahlung der angemeldeten Umsatzsteuer kann darüber hinaus gem. § 26b Umsatzsteuergesetz mit einer Geldbuße bis 50.000 € sanktioniert werden. Ein bunter Strauß von Sanktionierungsmöglichkeiten. Nur die Personalknappheit innerhalb der Finanzverwaltungen verhindert, dass von diesen Instrumenten in der Praxis nicht in zahllosen Fällen Gebrauch gemacht wird.

In der anwaltlichen Selbstanzeigeberatung stellt sich im Einzelfall die Frage, ob es noch ausreichend ist, nur die unrichtige Umsatzsteuerjahreserklärung zu berichtigen oder zusätzlich jede einzelne Umsatzsteuervoranmeldung, die unterjährig verspätet abgegeben worden war. Dies kann nur anhand des konkreten Einzelfalls beurteilt werden.

 

von Rechtsanwalt Jens H. Adler

30.01.2012 | 3:26 Uhr
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