BGH-Urteil zur Strafzumessung im Steuerstrafrecht vom 07.02.2012 (1 StR 525/11)

Steuerstrafrecht:

Lt. Pressemitteilung vom 07. Februar 2012 hat der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs auf Revision der Staatsanwaltschaft ein Urteil des Landgerichts Augsburg aufgehoben und zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das LG Augsburg zurückverwiesen (1 StR 525/11).

Der Angeklagte hatte nach den Feststellungen des Landgerichts Augsburg für das Steuerjahr 2002 Einkommensteuern in Höhe von 890.000 € und für das Steuerjahr 2006 Lohnsteuern in Höhe von 240.000 € hinterzogen. Der Gesamtschaden betrug also 1.130.000 €.

Das Landgericht hat einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Abgabenordnung 1977) angenommen. Der gesetzliche Strafrahmen dieses Qualifikationstatbestandes ist Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren. Das Landgericht hatte dem Angeklagten bei der Strafzumessung Milderungsgründe zugute gehalten und verurteilte ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Schon die Formulierungen in der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs legen nahe, dass es sich in Augsburg wohl um einen –in der Praxis nicht ungewöhnlichen- Deal zwischen allen Beteiligten auf ein solches Strafmaß gehandelt hatte.

Der 1. Strafsenat erachtet die landgerichtlichen Begründungen für die Strafaussetzung zur Bewährung für nicht überzeugend. Das LG Augsburg wird nun nicht umhin können, eine Freiheitsstrafe zu verhängen, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden wird. In diesem Punkt ist das Urteil des BGH eindeutig.

In diversen Pressepublikationen wurde dieses aktuelle BGH-Urteil allerdings so verkauft, dass hier der BGH angeblich härtere Strafen für Steuerhinterziehung„beschlossen“ habe.

Das trifft nicht zu. Das wahre Grundsatzurteil zur heute gängigen Praxis der Strafzumessung im Steuerstrafrecht ist die Revisionsentscheidung des 1. Strafsenats vom 02. Dezember 2008 (1 StR 416/08). Der 1. Strafsenat hat mit der Entscheidung vom 07. Februar 2012  lediglich seine schon damals vorgenommene Präzisierung von Strafzumessungsaspekten bestätigt.

Das aktuelle Urteil ist vielmehr so zu verstehen: „Wir haben das damals ernst gemeint und sind auch heute noch der gleichen Auffassung.“

Die Entscheidung vom 02. Dezember 2008 wird seitdem in der strafrechtlichen Praxis tatsächlich von den Gerichten weitgehend umgesetzt.

Eine Zusammenfassung der Leitlinien des BGH-Urteils vom 02. Dezember 2008 mit den heute praktizierten Strafzumessungskriterien lesen Sie hier 

 

 von Rechtsanwalt Jens H. Adler

14.02.2012 | 5:29 Uhr
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